03.04.2025
Bericht zur Veranstaltung "Schule 2030" mit MdL Dr. Martin Brunnhuber

Freie Wähler Traunreut informieren sich über Bildungssystem

Traunreut. Digitalisierung, Ganztagsschule und Integration, das waren die drei Themenfelder, über die sich die Freien Wähler Traunreut im Bezug auf unser Bildungssystem und unsere Schulen informierten. Hierzu luden sie interessierte Bürgerinnen und Bürger in das Steiner Bräustüberl ein. Die Informationen kamen durch MdL Dr. Martin Brunnhuber aus erster Hand.

Dr. Brunnhuber, der vor seiner Wahl zum Abgeordneten des bayerischen Landtags, Leiter des Berufsschulzentrums BGL in Freilassing war und auf eine große Erfahrung als Lehrer zurückgreifen kann, ist Mitglied im Ausschuss für Bildung und Kultus sowie Vorsitzender des Ausschusses für den öffentlichen Dienst. Das große Interesse spiegelte der gut gefüllte Nebenraum des Bräustüberls wider. FW Ortsvorsitzender Adolf Trenker begrüßte alle Anwesenden, unter denen sich auch stellv. Landrat Andreas Danzer befand, stellte kurz den Gastredner vor und übergab das Wort dann an Brunnhuber, der mit einem Impulsvortrag in den Abend startete.

Der Landtagsabgeordnete freute sich ebenfalls über das große Interesse und begann direkt mit dem Thema Integration. Beginnend stellte er die großen Herausforderungen vor, die bei diesem Themenfeld mitschwingen. So sind oftmals der Sprachstand sowie die Rechenkenntnisse nicht ausreichend und schwanken stark bei vielen zugezogenen Schülern auf unterschiedlichstem Niveau. Da seien die Schwierigkeiten, welche die kulturellen Unterschiede mit sich bringen, noch nicht inbegriffen. Um die Schüler beim Erlernen der Sprache bestmöglich zu unterstützen, werden Förderprogramme wie beispielsweise Sprachlernklassen oder so genannte Deutschklassen zum Aufbau der Sprachkompetenz betrieben. Allerdings müssten solche Klassen mit Förderlehrern besetzt werden, von denen es leider viel zu wenig gäbe. Es zeigt sich vor allem im ländlichen Raum, dass es Probleme bei der Stellenbesetzung gibt. Wünschenswert wären laut Brunnhuber, mehr Förderlehrer zur Verfügung zu haben sowie den Bürokratie- und Verwaltungsaufwand für die Schulleitungen zu verringern, was mehr Unterrichtszeit zur Folge hätte.

Auf die Frage, wie man denn mit Schülern umgehen soll, die während eines laufenden Schuljahres als Quereinsteiger in eine Förderklasse kommen und somit das Problem des Niveauunterschieds verschärfen, brachte Brunnhuber einen Stichtag ins Gespräch. „Hier stoßen wir personell an unsere Grenzen, obwohl die bereitgestellten Materialien sehr gut seien. Mit der Einführung eines Stichtags, nach dessen Verstreichen neue Schüler nicht mehr geführt werden können, könne man eine Förderklasse besser zusammenhalten.“

Beim zweiten großen Themenfeld des Abends, der Digitalisierung, sagte Brunnhuber einleitend: „Hier muss man ganz genau abwägen was erforderlich ist und was nicht.“ Er berichtete vom bereits umgesetzten Digitalpakt Schule. Hier sind Netzwerke in den Schulen ausgebaut, digitale Tafeln samt Aus- und Weiterbildung der Lehrkräfte angeschafft, sowie digitale Endgeräte für Schülerinnen und Schüler gekauft worden. Derzeit arbeitet man an der Umsetzung des Digitalpakt 2.0. Aber es ist nicht nur die Infrastruktur, welche beim Thema Digitalisierung zu beachten sei. Das Thema KI wird zunehmend wichtiger an den Schulen. Die Wissensvermittlung der Lerninhalte soll auch weiterhin durch unsere Lehrkräfte erfolgen. Allerdings sind die Schülerinnen und Schüler sehr fit im Umgang mit der künstlichen Inteligenz, so dass eine Fortbildung für Lehrkräfte unumgänglich ist. Aber auch hierfür sei zwingend Personal erforderlich. Des Weiteren kamen die Themen Handysucht, Cybermobbing unter Schülern und der stark ansteigende Bedarf an flächendeckender Sozialarbeit seit der Coronapandemie zur Sprache.

Bevor er in seinem Referat mit dem Thema Ganztagsschule begann, erklärte Brunnhuber, dass hier die Zuständigkeit bei zwei Ministerien liegt (Kultus- und Sozialministerium), und es sehr vorteilhaft wäre, das es für dieses Thema eine funktionierende Schnittstelle zwischen beiden Ressorts gäbe.

Um Ganztagsschulen betreiben zu können, sind zwingend Verträge mit Kooperationspartnern erforderlich, deren Abschluss oft zeitlich befristet ist. Das bringt große Probleme bei der Personalfindung und Planbarkeit für Personal und Vertragspartnern mit sich. Hier verwies Brunnhuber an den Bund im Bezug auf das Arbeitsrecht, welches angepasst werden müsste und schob auch hier die Forderung für eine Entbürokratisierung hinterher. Dass er nicht nur in der Theorie Bescheid weiß, stellte der Abgeordnete bei der Erörterung eines Praxisbeispiels unter Beweis: Beim Gesetz zur Einführung verbindlicher Sprachstandserhebung vor der Einschulung. Die Sprachstandserhebung wurde bisher durch die Kindergärten durchgeführt. Jetzt darf das nur noch ein Beratungslehrer. Der sitzt allerdings oft da und wartet,da Termine sehr häufig nicht wahrgenommen werden. Somit geht seine dringend benötigte Ressource anderweitig ab. Besser wäre es, hier neutrale Stellen einzurichten und diese zu berechtigen, Bescheide zu erlassen. Für diesen Vorschlag gab es durch die anwesenden Lehrkräfte im Publikum Zustimmung.

Resümierend führte der MdL zum Ende seiner Ausführung aus, dass es sich letztlich bei allen angerissenen Punkten immer wieder um den Personalmangel dreht.

Darum drehte es sich dann auch in der anschließenden Diskussionsrunde. Die zahleichen Wortmeldungen machten den Redebedarf deutlich. Nach etlichen Wortbeiträgen stand fest, dass der Lehrermangel an allen Schulen, ganz besonders aber an den Mittelschulen, besteht, und dies durch eine attraktivere Jobgestaltung (beispielsweise längere Vertragslaufzeiten bei Fachlehrern und pädagogischem Personal) abgestellt werden muss. Ein weiterer großer Punkt im Diskussionsverlauf stellten die Ganztagsschulen dar. Beim zukünftigen Anrecht auf eine Ganztagsbetreuung der Schüler gibt es noch viele Unwägbarkeiten. Hier wurden die Abschätzbarkeit bzgl. der Inanspruchnahme, die Erfüllung des Rechtsanspruchs durch die verlängerte Mittagsbetreuung sowie die Frage nach der Qualifikation beim Personal aus dem Publikum angeführt. Abschließend meldete sich der Papa einer Schülerin zu Wort und dankte allen anwesenden Lehrerinnen und Lehrern und brachte seine Zufriedenheit über die Ganztagsschule an der Grundschule Nord in Traunreut zum Ausdruck.

Dem Infoabend vorangegangen war eine Schulbesichtigung der Grundschule Nord in Traunreut durch die Stadtratsfraktion der Freien Wähler Traunreut, dem stellv. Landrat Andreas Danzer sowie Mitglied des bayerischen Landtags Dr. Martin Brunnhuber. Hier wurden die Besucher durch die Schulleiterin Frau Sabine Pfaffenzeller sowie eines Teils des Lehrerkollegiums in der Aula begrüßt. Die Schulleiterin stellte die Schule vor, in der derzeit zwölf Klassen (acht Regelklassen und ein Ganztagszug) unterrichtet werden.

Beim Ganztagsangebot sind sowohl das Mittagessen, die Hausaufgabenbetreuung aber auch Angebote aus Sport, Gestaltung und Musik beinhaltet. Insgesamt sei die Grundschule Nord eher städtisch geprägt. Viele Kinder haben einen Migrationshintergrund. An der Schule arbeiten zwei Jugendsozialarbeiter und Sprachförderprogramme laufen. Selbstverständlich wurde auch der Neubau thematisiert. Spatenstich war im Sommer 2024 und die Fertigstellung sei für 2026 geplant. Durch die laufenden Bauarbeiten und das Fehlen der bereits abgerissenen Sporthalle kommt es aktuell immer wieder zu organisatorischen Besonderheiten. So muss die Pause auf einen verkleinerten Pausenhof vor dem Altbau stattfinden. Die Nachfragen der Kinder nach Ballspiele müsse man aber auf Grund der beengten Verhältnisse leider untersagen. Auch der Sportunterricht findet im Moment an unterschiedlichen Orten statt. Um die Schüler dorthin zu transportieren, werden Busse eingesetzt. Die Besucher der Freien Wähler machten sich ein Bild auf der Baustelle vom Fortschritt der Arbeiten. Auch während der Besichtigung wurde schon das Thema Ganztagsschule thematisiert. Während der Besichtigung eines Klassenzimmers samt Aufenthaltsraum der Ganztagsschüler, erklärte die Schulleiterin, dass ab dem Jahr 2026 alle Kinder der ersten Jahrgangsstufe einen Anspruch auf ganztägige Betreuung haben und das in den Folgejahren auf die Klassenstufen zwei bis vier erweitert werden soll. Diese neue Anforderung wird sich auch auf die Raumanforderung des Neubaus auswirken. Hier wird bereits im Kollegium lösungsorientiert diskutiert. Stellv. Landrat Danzer und MdL Brunnhuber gingen hier kurz auf die neue Schulbaurichtlinie bzgl. des Ausbaus der Ganztagsschulen ein und erwähnten die neue Bandbreite der Förderfähigkeit. Die Traunreuter Stadtratsfraktion der Freien Wähler wird sich noch zu diesem Thema beraten.