Foto (© Markus Müller): Die Nominierungsversammlung der Freien Wähler-Kreisvereinigung Traunstein wählte im Bräustüberl des Hofbräuhauses Traunstein Dr. Martin Brunnhuber (links) zum Direktkandidatin für den Landtag und Christian Zeininger (rechts) zum Direktkandidatin für den Bezirkstag. Kreisvereinigungsvorsitzender Dr. Lothar Seissiger gratulierte ihnen herzlich.

28.10.2022
Bericht von der Aufstellungsversammlung der FW/UW Kreisvereinigung Traunstein

Bericht und Foto von Markus Müller

Turbulente FW-Aufstellungsversammlung beginnt mit Wahlleiter-Kampfabstimmung

Dr. Martin Brunnhuber ist Direktkandidat für den Landtag und Christian Zeininger Direktkandidat für den Bezirkstag – Andrea Wittmann geht am Ende komplett leer aus

Traunstein. Dramaturgisch hätte man die Aufstellungsversammlung der Traunsteiner Kreisvereinigung der Freien Wähler für die Landtags- und Bezirkstagswahl 2023 im vollbesetzen Bräustüberl-Nebenraum des Hofbräuhauses Traunstein nicht spannender aufziehen können, auch wenn dies wohl von niemandem so gewollt war. Dr. Martin Brunnhuber aus Erlstätt ist zum Direktkandidaten für den Landtag gewählt worden und Christian Zeininger aus Unterwössen zum Direktkandidaten für den Bezirkstag an einem denkwürdigen Abend, der gleich mit einer äußerst ungewöhnlichen Kampfabstimmung um den Wahlleiter eingeläutet worden war. Der zuerst vorgeschlagene Siegsdorfer Bürgermeister, stellvertretende FW/UW-Kreisvorsitzende und stellvertretende Fraktionsvorsitzende im Kreistag Thomas Kamm setzte sich hier gegen den Rosenheimer FW-Landtagskandidaten Gerhard Schloots durch. In der zuweilen hitzigen Atmosphäre überwachte der routinierte Wahlleiter Kamm souverän und unterhaltsam die Regeln des demokratisch-fairen Wettstreits. Mehrmals musste er zur Ordnung rufen und die Gemüter wieder beruhigen.

Eigentlich hätten Andrea Wittmann und Dr. Martin Brunnhuber gar nicht gegeneinander antreten sollen, denn in dem im Vorfeld vom Präsidium der FW-Kreisvereinigung geschriebenen „Drehbuch“, war Wittmann als Bezirkstagskandidatin und Brunnhuber als Landtagskandidat vorgesehen gewesen. Am Ende kam es anders, weil Wittmann nicht den Drehbuchautoren folgte, sondern dem Ruf ihrer Unterstützer aus der FW-Familie und darüber hinaus, doch für den Landtag und nicht für den Bezirkstag zu kandidieren. Zur Bezirkstagskandidatin hätte man die 49-jährige Touristikfachwirtin, Kirchenmusikerin und Radio-Redakteurin aus Truchtlaching vermutlich gewählt, zum Landtagskandidaten kürte man aber lieber den 47-jährigen Bauingenieur und neuen Freilassinger Berufsschulleiter Dr. Martin Brunnhuber, der seit Jahren aufgebaut worden war und im Grabenstätter Gemeinderat schon kommunalpolitische Erfahrungen gesammelt hat. Dass Wittmann bei der letztjährigen Bundestagswahl als Direktkandidatin das zweitbeste FW-Ergebnis in Oberbayern eingefahren hatte, spielte offenbar bei der Kandidatenkür keine Rolle. Am Ende konnte sie nur sieben Stimmen auf sich vereinen, während Brunnhuber 14 Stimmen erhielt.

„Ich freue mich auf die Wahl und hoffe, dass ich die Erwartungen erfüllen oder sogar noch übertreffen kann“, so Brunnhuber. In seiner Bewerbungsrede hatte der zweifache Familienvater zuvor betont, dass die Politik die Energiekrise auch als Chance sehen müsse, die Energiewende schneller voranzutreiben. Man müsse jedem Kind in der Region den besten Bildungsweg aufzeigen und das differenzierte bayerische Schulsystem weiter optimieren. Mit Blick auf die demografische Entwicklung der Gesellschaft benötige man noch deutlich mehr gut ausgebildete Pflegekräfte im sozialen Bereich. Er freue sich riesig, so Brunnhuber, dass man es geschafft habe, dass die neue staatliche Fachschule für Heilerziehungspflege heuer in Traunstein den Unterrichtsbetrieb aufgenommen habe. Er lobte auch Wittmanns tollen Bundestagswahlkampf und hoffte, dass diese ihn im Wahlkampf unterstütze und man Synergieeffekte nutzen könne.

Dass das Ergebnis so deutlich für Brunnhuber ausfiel, lag vielleicht auch am Vorgehen von Anton Steinbacher, der überraschend ebenfalls seinen Hut in den Ring warf, allerdings – so schien es zumindest – nicht, um ernsthaft für den Landtag zu kandidieren, sondern um die siebenminütige Redezeit, die jedem Kandidaten zustand, dafür zu nutzen, noch einmal kräftig die Werbetrommel für Wittmann zu rühren und das Brunnhuber-Lager mit Kritik zu überziehen. Mit der weithin bekannten und geschätzten Kandidatin Wittmann hätten die Freien Wähler nach vielen vergeblichen Versuchen endlich eine realistische Chance, den Stimmkreiskandidaten zu stellen, so Steinbacher, der mit Wittmann auch am FW-Landtagswahlprogramm mitschreibt. Viele Freie Wähler, wie auch der Fraktionsvorsitzende im Landtag Florian Streibl, würden sie als „beste Kandidatin“ für den Landkreis sehen, warb er in seiner Rede, die mehrmals von Zwischenrufen gestört wurde. Im Anschluss zog er seine Kandidatur zurück. „Immer wieder werde ich gefragt, Andrea, wie machst Du das alles? Meine Antwort ist einfach: Das geht, nur wenn man mit vollstem Herzen dabei ist. Das ist es, was ich euch anbiete“, warb Wittmann vor der Wahl und verwies auf ihr „Herzensthema“, ihre im Juni veröffentlichte „Bayern-Rente“.

Das Rennen um die Bezirkstagskandidatur machte der 31-jährige Landwirtschaftsmeister und junge Familienvater Christian Zeininger aus Unterwössen. Mit ebenfalls 14 zu sieben Stimmen setzte sich der in vielen Vereinen und Verbänden engagierte Nachwuchspolitiker gegen den verdienten Altenmarkter Freie-Wähler-Mann Herbert Hager (fehlte erkrankt) durch. Letzterer war von Wittmann nach ihrem Verzicht vorgeschlagen worden. Er wolle sich für einen Ausbau der erneuerbaren Energien einsetzen, die Landwirtschaft stärken und mithelfen, für die Kinder und künftigen Generationen eine sichere Zukunft mit Perspektiven zu gestalten“, so Zeininger.

„Ich wünsche euch von Herzen alles Gute und dass ihr für uns ein gutes Ergebnis schafft“, wandte sich der Kreisvereinigungsvorsitzende und stellvertretende FW/UW-Fraktionsvorsitzende im Kreistag Dr. Lothar Seissiger an Brunnhuber und Zeininger, wohlwissend, dass ein Sieg nicht leicht wird. Er selbst hat zweimal vergeblich für den Landtag kandidiert, zuletzt im Jahr 2018.

Christine Hohlfeld fragte nach der Wahl an, warum man das gute Netzwerk Wittmanns, das bis in die FW-Führungsebene um Hubert Aiwanger hinaufreiche, deren Außenwirkung und Medienkompetenz überall lobe und sie dann aber nicht nominiert werde. „Das hat es bei uns in 20 Jahren nicht gegeben, dass es im Vorfeld einer Nominierung solche Querfeuer gegeben hat, das hat vielen sauer aufgestoßen“, erklärte der FW/UW-Kreisvorsitzende und stellvertretende Landrat Andreas Danzer. Auch Seissiger hatte eingangs die „Alleingänge“ scharf kritisiert.

Verzichtet hat man darauf, der Delegiertenversammlung eine Empfehlung für die beiden Listenkandidaten für den Landtag und Bezirkstag auszusprechen. Dies geschieht vielleicht demnächst im Rahmen einer Kreisvereinigungsversammlung. Ob Wittmann noch die Chance auf eine Listenkandidatur erhält, bleibt abzuwarten. Zum Ende der turbulenten Versammlung war man zumindest sichtlich und spürbar um Harmonie und versöhnliche Worte bemüht. mmü

Foto (mmü): Die Nominierungsversammlung der Freien Wähler-Kreisvereinigung Traunstein wählte im Bräustüberl des Hofbräuhauses Traunstein Dr. Martin Brunnhuber (links) zum Direktkandidatin für den Landtag und Christian Zeininger (rechts) zum Direktkandidatin für den Bezirkstag. Kreisvereinigungsvorsitzender Dr. Lothar Seissiger gratulierte ihnen herzlich.